Nach dem vierten Spieltag in der Bayernliga Süd hätten die Basketballer von München Ost die Saison eigentlich bereits abschreiben können. Wie schon im Jahr zuvor startete man erneut nicht gut, doch diesmal brauchte es nicht zwei, sondern gleich vier Niederlagen bis der im weiteren Verlauf der Saison noch oft zitierte „Zug“ ins Rollen kam.
Das Team um Coach Christos Karafevkas konnte sich über Trainerstab-Unterstützung von Danny Paz und gelegentlich Andi Mayr – ihrerseits ehemalige Trainer der Ligakonkurrenten Vaterstetten und Staffelsee – freuen, doch auch das konnte den verpatzten Saisonstart nicht abwenden.
Einzig die Hoffnung auf eine in der Spitze ausgeglichene Liga hielt den Glauben an einen inoffiziell als Ziel ausgegeben Aufstieg noch am Leben. Aber selbst wenn sich alle Kontrahenten gegenseitig Siege klauen würden, wäre das ein hartes Stück Arbeit und man dürfte sich eigtl. keine Schwäche mehr leisten.
Trotz der gedrückten Stimmung raffte man sich auf und es folgte auf die vier Start-Niederlagen eine Siegesserie von acht Spielen in Folge. Man blieb über die Winterpause hinweg von November bis in den Februar ungeschlagen. Immer wieder erklang das Lied „Unwritten“ von Natasha Bedingfield in der Umkleidekabine nach den Siegen, abgespielt von „DJ“ Thomas Bertolin (5,7 Punkte pro Spiel; 1,4 3er pro Spiel) und der titelgebende Satz „Der Zug rollt und hält auch nicht mehr an!“ wurde durch Alex El Banna (9,2 PpS) geboren.
Unterstützt wurde der Lauf durch die nachträgliche Neuverpflichtung von Janek Falkenstein (12,2 PpS; 1,1 3pS). Ähnlich wie sein Bruder Justus (7,6 PpS), der schon seit Jahren eine Stütze des Teams ist, konnte Janek, der zuletzt in der ersten Regionalliga spielte, dazu beitragen das Team auf ein neues Niveau anzuheben.
Im Februar sollte der Zug nun aber doch einen ungeplanten Zwischenstopp machen, als man sich Staffelsee geschlagen geben musste. Zu diesem Zeitpunkt hatte man sich in das obere Mittelfeld der Tabelle vorgearbeitet und an der Spitze bildete sich ein Dreikampf zwischen den Münchner Hellenen, Vaterstetten und eben Staffelsee, gegen die man nun leider den Kürzeren gezogen hatte. Erneut hingen die Köpfe etwas durch, weil die Aufholjagd gestoppt wurde und viele nun dachten, dass München Ost endgültig aus dem Titelrennen ausgeschieden ist. Abermals hätte man die Saison nun abhaken können, doch der Zug nahm trotzdem wieder Fahrt auf. Trotz Verletzungen von wichtigen Spielern wie z.B. Jannik Geißler (10,6 PpS; 1,1 3pS), dem Ausfall von Coach Christos aus gesundheitlichen Gründen und dem studiumsbedingten Abgang von Quentin Brugger (8,1 PpS), wurde erneut nichts darauf gegeben, was andere dachten.
Toni Merkl (4,8 PpS) und Paul Nufer (4,6 PpS; 1 3pS) kehrten nach mehr als einem halben Jahr zurück und komplettierten das wohl am tiefsten besetzte Team der Liga. Auch Ioannis Karafevkas (4 PpS; 0,8 3pS), der aus Dachau zurückgekehrt war, hatte mit einigen Verletzungen zu kämpfen, aber die Aufbauposition war während der gesamten Saison in guten Händen. Vor allem der junge Alex Croitoru (11,7 PpS; 1,2 3pS) wuchs hier konstant mit seinen Aufgaben, aber auch Jonas Wiedemann (3,2 PpS) muss man hier erwähnen. Auf dem Flügel standen zusätzlich zu den bereits genannten die vielseitigen Spieler Mats Röttinger (2,6 PpS), Alain Gales (5,5 PpS) und Niklas Theisen (3,7 PpS). Die großen Positionen komplettierten Pavle Marinkovic (5,4 PpS), Gabriel Grebenar (1,9 PpS), Vale Zurek (0,7 PpS) und nicht zuletzt der Oldie und „Lokführer“ Michael Finger (11,1 PpS; 2,2 3pS).
Dieser Zug wuchs noch weiter zusammen, weigerte sich erneut anzuhalten und ermöglichte so eine zweite Siegesserie – wieder ertönte acht Mal in Folge „Unwritten“ in der Kabine. Kurz vor Ende der Saison ergab das ein äußerst selten gesehenes Tabellenbild, bei dem sich gleich vier Teams Hoffnungen auf die Meisterschaft und den damit verbundenen Aufstieg in die zweite Regionalliga machen durften: die Münchner Hellenen, Vaterstetten, Staffelsee und die mehrfach totgeglaubten Ost‘ler, die sich wider allen Erwartungen zurückgekämpft hatten.
Alles spitzte sich auf das letzte Saisonspiel zu, als man zum Derby in München bei den Hellenen antrat, um mit einem finalen Sieg die Cinderella-Story perfekt machen zu können. Doch der Zug kam kurz vor der Endhaltestelle ins Straucheln. Sinnbildlich hierfür verletzte sich bereits nach vier Minuten der starke Janek Falkenstein und musste zusehen, wie Ost ins Hintertreffen geriet. Angefeuert von vielen lautstarken Fans in der gut gefüllten Halle kämpfte man um jeden Ballbesitz, konnte das Spiel drehen und lag zur Halbzeit mit sechs Punkten vorne.
Leider sollte die Cinderella Story jedoch kein Happy End finden, das dritte Viertel verlor man mit zehn Punkten, die Offensive geriet ins Stocken und gleichzeitig konnten die Hellenen ihre Chancen besser nutzen. Auch im letzten Abschnitt wollte nicht genug gelingen und so blieb der Zug mit einem bittersüßen Geschmack eine Station zu früh stehen.
Sich nach dem schwachem Saisonstart noch in diese Position gebracht zu haben verdient große Anerkennung und lässt auf die Zukunft hoffen, gleichzeitig ist der Wehmut über die verpasste Möglichkeit natürlich ebenso groß.
Author: Michael Finger